Wenn der Himmel bedeckt ist ist es optimal um am Meer Rad zu fahren um diese Jahreszeit. Sobald jedoch die Sonne scheint merkt man wie südlich es ist und es wird richtig stechend. Nach Mekka das auf ca 350 Meter liegt bin ich in die nächst größere Stadt Taif gefahren. Nachdem die Saudis alle vom Süden geschwärmt haben, habe ich mich entschlossen Richtung Jemen aufzubrechen. Dies bedeutet einen Aufstieg auf rund 2000 Meter verbunden mit einem permanenten auf und nieder.
Die Temperatur ist fantastisch aber die Oberschenkel brennen 😅
28-12-2021 heute bin ich durch eine wunderbare Berglandschaft Richtung Süden gefahren. Noch nie im Leben war ich auf 2560 m mit dem Fahrrad. Bin nur 45 Kilometer gefahren aber habe 2100 Höhenmeter gemacht es ist super anstrengend. Das Besondere zeigt sich indem hier die Weintrauben in dieser Höhe angebaut werden. Der Wettergott macht mir gerade einen Strich durch die Rechnung weil er für die kommenden Tage Unwetter angesagt hat mit einem Temperatursturz auf + 3 bis 4 Grad.
Aus diesem Grund habe ich mich aufgemacht mir eine Bleibe zu suchen und jetzt eine typisch arabische Geschichte: fahre zu einem großen Haus weil hier eine Markierung auf der Landkarte eingezeichnet ist biege in den Hof ab und laufe ums Haus. Kommt ein Herr heraus und fragt mich auf Arabisch was ich hier mache. Mit Händen und Füßen erkläre ich dass ich mit dem Fahrrad unterwegs bin und eine Bleibe suche. Wie üblich werden dann alle englisch sprechenden Leute per Telefon angerufen und in einem wilden Durcheinander kommt man dann zu einem Ergebnis: Mr Fadsad hat mir kurzerhand sein Haus zur Verfügung gestellt, mir den Schlüssel in die Hand gedrückt, gesagt wo ich den Schlüssel verstecken muss und ist in die nächst größere Stadt gefahren….
31-12-2021 Das Jahr neigt sich dem Ende zu und ich durfte die letzte Nacht bei Ahmed verbringen. Er kann nicht lesen, er kann nicht schreiben aber hat alles geteilt mit mir was er hat. Ein schöner Abschied aus diesem verrückten Jahr.
Schön langsam geht es Richtung Jizan. Nach dem großen Absatz von 1500m geht meine Route jetzt durch das Vorgebirge parallel zum Roten Meer. Hier befindet sich der dichtbesiedelsten Teil von Saudi-Arabien. Im Vorgebirge sind die Berge zwischen 1000 und 1500 m hoch und midwest Wetter mit der Feuchtigkeit des Roten Meeres und ermöglicht diese Vielfalt an verschiedenen Pflanzen die hier wachsen. Es wird Landwirtschaft im kleinen gemacht aber auch größere Felder wenn es die Topographie zulässt. Vor den hohen Bergen die fast 3.000 Meter aufragen, bildet sich so eine Staulage die dies möglich macht. Deshalb gibt es hier im Grenzgebiet zum Jemen so viele grüne Orte.
Eine besondere Begegnung war noch die spontane Einladung von Sheila Ali der mich in sein neues Haus eingeladen hat. Ich ohne arabisch er ohne Englisch aber es ist trotzdem sehr gut gegangen – vielen Dank!
Eigentlich bin ich nur ein paar Kilometer weiter gefahren seit dem letzten Eintrag vor 3 Tagen. Ganz banal eine Verlängerung meiner Mobile Karte und einer Reifenpanne geschuldet. Es ist spät geworden und genau bei der Ausfahrt aus der kleinen Stadt Bariq, habe ich einen durchlöcherten Reifen gehabt , weil geplatzte LKW Reifen Metalleinlagen mit ganz feinen Drähten haben und 5 von ihnen haben sich durch den Mantel gebohrt im Laufe der letzten Wochen. So musste ich schon länger jeden zweiten dritten Tag Luft nach pumpen und jetzt ist es eben passiert, aber leider am Stadtrand und am frühen Abend. Reifen gewechselt alles gerichtet ist die Nacht hereingebrochen und es stand an einen guten Platz zu finden. So bin ich zu einer Gruppe von Freunden gestossen, die mich in ihre Familie adoptiert haben.
Es wurde aufgetischt und am nächsten Tag haben sie mich gefragt ob ich mit ihnen ans Meer fahren würde um am Abend Fisch zu essen. Da konnte ich natürlich nicht ablehnen und wir sind am Nachmittag 140 km zum Meer gefahren mit zwei Autos und acht Leuten. Unterwegs waren wir auch noch kurz in einer arabischen Therme. Ein sehr schöner Ausflug und das Besondere so mitten in der arabischen Lebenskultur zu stehen.
Am nächsten Tag wollten sie mich dann nicht gehen lassen und haben gesagt sie würden am Abend ein kleines Essen organisieren : es wurde ein Schaf geschlachtet und in der freien Natur in einem Seitental, ein Feuer gemacht und ein richtiges Festmahl veranstaltet mit mehr als 20 Freunden – es war super schön mit leckerem Essen, schönen Gesprächen bis tief in die Nacht.
Hier um Bariq ist es wirklich aussergewöhnlich schön und Kulturland vom Feinsten. So überraschend ist die Dichte Besiedelung und das relativ häufige Grün das hier zu finden ist. Neben Sesamfeldern sind auch Kühe zu sehen und nicht nur Ziegen und Schafe. Danke an Ali Mohamed für den schönen Ausflug.
Nach vier Tagen bei den bezaubernden Acht ( hab ich noch nie gehabt für so lange Zeit ) auf und weiter Richtung Muhayl und dann noch mal ein ordentlicher Anstieg von 800 m nach Rial Almaa. An diesen Tag ist es mir besonders aufgefallen: ich glaube ich habe mich in meinem ganzen Leben noch nie so frei gefühlt. Wen treffe ich zufällig auf der Fahrt? Einen Englischlehrer dessen Vater einen wesentlichen Teil dazu geleistet hat, dass Rial Almaa heute das ist was es ist: ein Weltkulturerbe der jemenitischen Alltags aus den vorigen Jahrhunderten. Vielleicht noch ein wichtiges Detail der Jemen war ursprünglich viel größer und ist praktisch vom jetzigen gebet bis vor die Tore von Mekka gegangen. Die nördlichste Stadt war Taif, welche erst im Jahre 1924 von den heutigen Machthabern erobert wurde. Vielen Dank an Abdullah der mich aufgenommen hat und mir die Stadt oder das Dorf gezeigt hat Punkt nachstehend die tollen Bilder.
Über Jizan bin ich mit eintägiger Verspätung wegen überfüllter Fähre auf Farasan Island angekommen. Nach Saudi Einschätzung würde ich sagen: 1.Mekka, dann Farasan Island, Ai Ula, Medina, Abha und dann Rijad! Die ersten 4 habe ich bereits gesehen und es könnte hinkommen 😄. Strategisch optimal gelegen hat es schon viele Eroberer erdulden müssen. Die Osmanen, Yemeniten, und hundert Jahren gehört es zu Saudi Arabien. Seicht Buchten, teils mit Mangroven, leichte Erhebungen von verbranntem Land wo man es eigentlich nur von Dezember bis Februar vernünftig aushalten kann. Breitengragmässig liegt Eritrea und dessen Hauptstadt Assmara – schon ziemlich weit südlich. Zur Zeit eine ziemlich unsichere Gegend: Aufstand im Sudan, Bürgerkrieg in Äthiopien, Chaos in Eritrea, Krieg im 70 km entfernten Yemen – die Saudi sind sehr vorsichtig und kontrollieren – aber es fühlt sich sehr korrekt und sicher an.
14-01-2022 Farasan ist wirklich sehr schön. Am meisten haben mich die Mangroven fasziniert, weil es ein Kleinkosmos voller Leben ist. Nicht nur Fische im Wurzelwerk sondern vor allem die vielen Vögel, deren Gezwitscher mich am Morgen empfangen hat. Von einem Leckerbissen muss ich noch erzählen: Farasan Hauptinsel ist ein Y und ganz unten liegt der Ankunftshafen. Also bin ich einen Arm ganz bis nach oben gefahren mit der Überlegung ich könnte oben die relativ kurze Distanz mit einem Boot zurück legen – Hmmm gibt keine Fähre, also habe ich gefragt wieso eigentlich nicht, bis sich die Border Police meiner angenommen hat, mit der Bemerkung dass ich der Erste Mensch sei der dies erfahren durfte 😅
Leider haben die Saudi’s kein Gespür für angemessene Strassen und kriegen Ihr allgegenwärtiges Müllproblem nicht in den Griff. Mein Vorschlag: wirkliche Kontrolle im Straßenverkehr und bei Verstößen wird die Umwelt gereinigt – persönlich und nicht vom indischen Angestellten – das wäre wirklich was und Ihre Kinder würden ein anderes Bild Ihrer Väter kennen lernen.
16-01-2022 Zurück am Festland war ich zuerst ein bisschen unentschlossen, habe mich aber entschieden nach Khamis Muschait zu fahren. Nach Schwüle und morgendlichen 30 Grad wieder in die Berge zu fahren – da hier 2300 Höhenmeter auf der einzigen mehrspurigen Strasse zu überwinden sind, habe ich mich entschlossen mit dem Bus zu fahren. Im Nachhinein die richtige Entscheidung, weil Bergstrasse ohne Seitenränder und ein Mörder Verkehr – Gott sei Dank! Oben angekommen sind die Leute wieder von einem ganz anderen Schlag …..
17-01-2022 Heute ist mir das Herz fast stehengeblieben: Am späteren Nachmittag, schon den 2 Tag ohne Netzwerk, bleibt ein Auto hinter mir stehen und ich Frage ob ich ev einen Hotspot haben könnte. Auf einmal sehe ich dass der Eine einen dicken jemenitischen Dolch am Bauch trägt und der Zweite zu seiner Büchse greift. Ich zum Fahrrad und fange an zu schieben, stürmt der Eine mit gezogenem Dolch auf mich los. Zum Glück war das Fahrrad zwischen uns und ich bin davon gerannt. Im Reflex hat er mein 50 kg Fahrrad geschnappt und konnte nicht wirklich was damit anfangen und war zu blöd wirklich zu checken wie die Satteltaschen mit 3 Verschlüssen aufgehen…. Zu meinem Glück ist ein Auto gekommen und hat sich zwischen mich und die Diebe gestellt. Der Zweite hat die Situation erfasst und hat sofort die fast quadratischen Nummertafeln nach oben gebogen dass sie nicht kenntlich sind. Uffff, das war knapp der erster Überfall in meinem Leben, abgesehen von einem Diebstahl in unmittelbarer Anwesenheit in Windhoek vor ein paar Jahren
Inshallah, hat mir mein Schutzengel Abu Salman den Kamelzüchter, der mich 2 Std vorher eingeladen hatte und auf der Suche nach mir war, gesendet.
Trotz einem Tag Pause und einem schönen Ausflug gestern, merke ich, dass mir dieser Überfall schon zugesetzt hat. Auf solche Art bedroht zu werden, lässt mich ahnen wie es Menschen in Krisen und Kriegsgebieten oder Flüchtlingen ergehen muss – grauslich! Allein sich nicht verständigen zu können, weil niemand Englisch oder gar deutsch spricht ist eine Ausnahmesituation. Nachstehend noch ein paar schöne Bilder dieser beeindruckenden Landschaft.
Die Entscheidung wie es weitergeht mit meiner Reise steht schon länger an. Durch die Umstände habe ich es ein bisschen hinausgeschoben und bin nach Riad gefahren. Durch die absolute Kargheit wo es nicht mal Büsche gibt, weiter in die Gegend wo die großen Kreisfelder auftauchen. Hier gibt es keine Tierzucht mehr, sondern größtenteils Futterfelder und in Richtung Ad Dawaser dann ergänzt mit Korn- und Kartoffelfeldern. Alles mit Grundwasser gespeist und ein unheimlicher Ressourcenverbrauch. Da die Saudi’s solche Saudifan’s sind, habe ich öfters gehört dass hier alles biologisch sei, ausser das genmanipulierten Hybridfutter der Ami’s, gleich wie die in Lauge sterisierten Hühner die schneeweiß aus der Verpackung kommen. Übrigens so wie bei uns die verpackten, gefrorene Hühner ausschauen, so schauen hier mit den Frischen aus.
Aber zurück zu meiner Entscheidung: eigentlich war das nächste richtige Etappenziel der Oman. Birgit wäre gekommen und für 3 Wochen eine schöne Zeit …. Da bei uns die Omicronvariante langsam Richtung Höhepunkt wandert, ich fliegen mit Fahrrad als eine unheimliche Hürde empfinde ( verpacken, transportieren, Fluglinie suchen die es überhaupt transportiert,…. ) war die Option Salala und dann Richtung Muscat am Plan, da Birgit aber erst Ende erster Februarwoche kann, mich die Dekadenz der Emirates nicht interessiert ….
Genau: alles zu kompliziert! Jetzt fahre ich zurück Richtung Ai Ula wo ich den alten Weg kreuzen werde und langsam Richtung Norden ziehen mit der Option Jordanien oder Ägypten. That’s IT.