In Tanger ging die Fahrt über Chefchaouen ins Rifgebirge und weiter in den mittleren Atlas nach Fes. Die starken Regenfälle waren zum Glück gerade vorbei, doch überall Murenabgänge, Erdrutsche und Überflutungen sichtbar und auf überall noch geteerten Strasse, stark spürbar und rutschbar. Die Strecke hat mich aus dem Mittleren Atlas, durchschnittlich so um die 2000 m bei ca 5 bis 10 ° Kälte geführt.
In Midelt im Südosten angekommen – schöne Region und Beginn der wüstenähnlichen Gegend, beginnt sogleich der Start in die schneebedeckten hohen Berge des hohen Atlas, der mich quer über verschiedenste Pisten, bis ins Zentrum nach Imilchil geführt hat. Die kleine Stadt, welches ich als kleines Dorf vor 20 Jahren kennengelernt habe, hat eine ersten Einblick in die touristische Entwicklung gezeigt – der alte Charme ist verloren gegangen und an jedem Eck lauert ein Business …..
Nachdem die Temperatur nicht „erträglicher“ bzw die Kälte nicht nachgelassen hat, habe ich beschlossen möglichst schnell Richtung Marrakesch aufzubrechen um schnell in den Süden und in die Wärme zu gelangen. Vielleicht neige ich in der Betrachtung über die Jahre, das Alte und Frühere zu favorisieren, besonders dann, wenn die touristische Entwicklung so rasant fortschreitet wie in Marrakesch. Das Kommerzielle und der sichtbare Reichtum in Teilen der Stadt war auffällig, in den Souks war jedoch die selbe Fülle wie früher spürbar. Der Djemaa El Fna, brodelnder Ort des Lebens und Vergnügens hat von seiner Ausstrahlungskraft nichts verloren, ebenso wie die die Souks und die Menaragärten.
Was sind Arganen? Eine endemische Pflanze, vielleicht als ovale Eichel beschreibbar, aus der ein spezielles Öl hergestellt wird das zur Herstellung von Kosmetika dient. Über Arganenland ist es nach Essouria, eine Stadtburg direkt am Meer, Richtung Agadir gegangen. Eine Besonderheit und doch erwähnenswert, erst hier habe ich meine langen Unterhosen ausgezogen. Agadir, übersetzt Speicherburg, ist zu einem wuchernden Unort geworden, um den ich einen weiten Bogen gemacht habe.
Unter Tiznit war dann Ende mit dem Tourismus und ich war erleichtert. Hier Richtung Plage Blanche beginnt dann auch der wunderbare Teil meiner Reise: Entlang der Küste Richtung Süden ist es, weiter über Sidi Ifni nach Fort Bou Jerif gegangen. Das Fort liegt in einer hügeligen Steppenlandschaft in welchem halbkugelige, mehrgliederige Kakteenpflanzen bis zu einem Durchmesser von 150 cm eingebettet sind und dazwischen sich im Wind wiegender Ähren mir nur 20 cm Höhe wachsen.
Die Landschaft wirkte statisch und doch in Bewegung – das besondere Klima in der Nähe der Küste, oft dunstig verschwommen war einer der kuriosesten, lieblichsten Orte die ich bislang gesehen habe und Inmitten dieser Landschaft ein Welttreffen der „Erleuchteten„ …..
Die Westsahara rückt näher und die Reise führt langsam in die Wüste über Guelmim die Queed Draa ( welche mich noch länger begleiten wird ) Richtung Tan-Tan. Die Anspannung und Unsicherheit wächst, weil ich mir eingebildet habe die längste Wüstenpassage, 400 km ohne Zivilisation zu passieren. Es ist dieses Gefühl des auf sich zurück geworfen seins, dass mich fasziniert. Volle Konzentration, keine Fahrfehler, die Hitze um die 40 °, mausallein durch eine unheimlich gereinigte Landschaft zu fahren.
Hier wird die eigene Existenz auf das absolut Wesentliche reduziert und es ist mit grösster Hochachtung für Leute wie zB Max Reisch oder andere Pioniere, die vom Abenteuergeist getrieben, nur mit Kompass versehen, Reisen in eine neue Welt unternommen haben. Ohne GPS hätte ich mich nicht getraut solche Etappen zu unternehmen – muss jedoch gestehen in der mehrtägigen Etappe, abends auch einmal weinend im Schlafsack gelegen zu haben. Da war nichts, ausser eine faszinierende Landschaft, ein altes Motorrad, Wasser, Benzin, ein paar Lebensmittel und die Freude am Leben, jede Faser am Körper zu spüren und zu wissen dass sich die Erde weiter dreht …..
Rund 150 km bin ich dabei über M`Sied auf der alten Route der Paris-Dakar Richtung Semara gefahren, wo ich dann nach Osten Richtung mauretanisch- algerische Grenze abgebogen bin.
Die erste Stadt nach der Wüste war Assa, ganz im Südosten Marokkos. Depressive Stimmung und wirkliche Armut folgt auf den folgenden Kilometern weiter nach Norden Richtung Fam el Hisn. Ein wunderbarer Oasenort ohne Hotel und Infrastuktur – die Hitze Mitte April ist fast jenseits des Erträglichen – wie muss es hier im Juli sein? Trotz allem hat mich die hoch entwickelte, stolze Kultur und ein spürbar erhabenes Lebensgefühl fasziniert, das besonders in den Oasengärten spürbar war. Hier sind auch einige Lebensentwürfe manifestiert worden, wen´s interessiert der bekommt Antwort.
Weiter ging es über eine wunderbare Oasenschlucht gegen Norden Richtung Tafraoute und da war er wieder der Tourismus – habe es trotz schöner Umgebung nur für einen Kaffee ausgehalten – die Zivilisation war mir fremd und nicht leicht auszuhalten. Es ist diese Gier in ganz kurzer Zeit viel zu erleben und viel zu sehen – die Touristiker sind da auf der ganzen Welt gleich, aber die müssen ja auch Leben. Dann kommt noch einen besondere Geschichte: ein paar Kilometer nach der Tafraoute bin ich dann einfach gerade nach Osten Richtung Tata abgebogen – keine Strasse, keine Karte, kein GPS ( ich hatte gute Unterlagen ) aber die alten Araber waren doch auch bestrebt in die nächste Oase mit kleinstem Aufwand zu kommen, so bin ich 80 km quer auf einem alten Karawanenpfad durchs Gebirge und Flussbett gefahren. Es ist unglaublich was eine alte AfricaTwin alles aushält.
Tata, einer der heissesten und trockensten Orte Marokkos und eine Grenz – Militärstadt mit Charme zunehmend Tourismus von Wohnmobilisten die hier auf passablen Strassen über Agadir zufahren können. Nächstentags weiter nach Foum Zguid. Ein klassischer Ort für Offroader und Enduristen mit einem kleineren Zeitfenster um Wüste zu erleben. Auf dem Weg dorthin habe ich wirklich Glück gehabt und habe mich buchstäblich mit dem letzten Tropfen zu einer Tankstelle gerettet – Gelände und starken Gegenwind haben mir eine Streich gespielt …..
Von Foum ein schneller Pistenritt nach Zagora, der Besuch bei einem Projekt mit Jugendlichen aus Vorarlberg hat leider nicht stattgefunden, aber das Draatal Richtung Quazzazate ist auch etwas ganz besonderes – die Qued Draa hat dieses Jahr besonderes viel Wasser und die Oasen erscheinen besonders üppig, voller Leben und quellen fast über. In Agdz habe ich mich dann für 2 Tage erholt und meine dritten Platten repariert – no Öamtc, no Service, selber schwitzen …..
Dann ging es auf einem Klassiker durch die Todraschlucht nach Tamtetoucht und über die kurze Verbindung hinüber zur Dadesschlucht. Entgegen den gelesenen Beschreibungen war, bedingt durch den wasserreichen Winter, die Piste in einem fürchterlichen Zustand und für eine Vierräder praktisch nicht passierbar. Die Strecke im Dadestal Richtung Agoudal, welche ich vor 19 Jahren mit Marlene mit dem Fahrrad gefahren bin, führt auf 3000 m und gehört immer noch zum schönsten was Marokko zu bieten hat – einfach eine traumhafte Strecke!
In Imilchil hat sich meine Strecke gekreuzt und ich habe gespürt dass es jetzt Zeit wird, wieder Richtung Heimat aufzubrechen. Habe den hohen Atlas über El Ksiba und Kenifra und Ifrane verlassen und bin über Meknes zum Atlanitik Richtung Tanger hochgefahren und habe dann nach Tarifa, dem südlichsten Punkt in Spanien, übersetzt.