2023-10-27 Nach vielen Wochen unbeschwerten strampelns, habe ich gestern beschlossen nach San Christobal de las Casas den Bus zu nehmen – erstens ein riesen Absatz von 2560 Höhenmetern und zweitens weil es keine wirklichen Alternativen zur Hauptstraße 190, bekannt auch als Panamericana gab. Keinen Pannenstreifen und mit 5 km/h bergwärts mit viel Schwerverkehr war einfach zu gefährlich.
San Christobal ist der Inbegriff von westlicher, fast gesetzesloser Freiheit im Süden Mexicos. Die große und wirklich gefährliche Drogenroute verläuft ein paar Kilometer nordöstlich im Urwald Richtung Guatemala. Hier ist alles relaxt in der eingeschossigen nur manchmal zwei geschossigen Stadt. Es fühlt sich an wie zwei Städte: die westlich Alternative und lokal Mayakultur Stadt.
Auf der Touristenseite gibt es für gutes Geld die meisten Dinge wie bei uns und in der Parallelwelt wenige Meter entfernt, ist es nochmal deutlich billiger als im Rest von Mexiko. Der Komfort hat was angenehmes, aber wirklich wohl fühle ich mich eigentlich auf der anderen Seite.
2023-10-29 Ordentlich kraxeln war angesagt. Auf der Karte hat’s ausgesehen als wie sie jetzt ganz gemütlich Richtung Null geht. Umso mehr freut es mich mich langsam in den Urwald hinuntertreiben zu lassen. Treiben klingt gut oder, leider sind es 3880 Höhenmeter bis ich wirklich unten bin in der grossen Ebene Richtung Yucatan…..
Super schöne Fahrt die mich zuerst von der Viehwirtschaft mit Krautköpfen (die habe ich davor noch nicht gesehen) in 2400 m in die Zone des Kaffee auf ca 1500 m geführt und in der nächsten in die Gegend wo die Apfelbäume wachsen so auf 1000 m und danach ins schwüle Kakaogebiet.
Heute am späteren Nachmittag nach Aqua Azul aus dem leider Aqua green wurde, weil es die letzten zwei Tage geregnet hat und der Fluss Hochwasser hat. War trotzdem sehr überzeugend.
2023-10-31 Palenque als Zentrum der Mayas in dieser Region liegt immer noch in Chiapas am nordöstlichen Rand. Die Ruinen selbst sind 8 km von der Stadt entfernt und liegen an der Hangkante im Dschungel versteckt. Es sind rund zehn Tempel die erkennbar sind und auch schön aufgearbeitet wurden. Im südlichen Teil, so um 680 nC fertiggestellt und erst wieder in den 1990er Jahren entdeckt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der Spirit ist vorhanden und jederfrau ist verzaubert von der Schönheit.
Vielleicht noch etwas zu Chiapas: alle Mexikaner haben mir erzählt Chiapas ist nicht Mexiko – zu eigen, selbstständig, wild, in den Städten fast teuer, aber am Land wirklich oft ärmlich und die Wohnsituation und Umgebung hat mich oft an Kamerun und Kongo erinnert. Feuchte Holzbauten inmitten der Kakao und Kaffeepflanzen. Der Zusammenhalt und die Organisation sind jedoch beeindruckend. Es gibt so eine Art zivile Polizei die in jeder Gemeinde auch auf Überlandstraßen in Zivil patroulliert und nur mit Funkgeräten kommuniziert. Ihre Art sich zu wehren gegen die Kriminalität der Drogenmafia und des Menschenhandels aus Zentralamerika. Vermutlich ist es auch ein bisschen mehr Guatemala als Mexiko.
2023-11-02 Wieder viel passiert in den letzten Tagen. Von Palenqe bin ich wieder ein kleines Stück Richtung Berge und dann der bergkant entlang Richtung Norden weiter. Schöne Kiesstraße, aber irgendwann kam dann die Bescherung eine Fluss Durchquerung mit hüfthohem Wasser. Zum Glück hat mir ein Mexikaner geholfen sonst hätte es nicht gut ausgeschaut. Die ganze weitere Strecke hat durch farmland geführt auf ganz kleinen Wegen ohne große Wasserhindernisse. Überhaupt hat mir Tabasco sehr gut gefallen weil es so üppiges Farmland hat und scheinbar unendlich viel Platz.
Auf der weiteren Strecke nach Norden bin ich dann in eine Kleinstadt gekommen und musste mich entscheiden ob ich den 200 km Umweg nach Calakmul auf mich nehme oder eher nicht, weil es in den dichten Regenwald führt. Ich will war Sieger!
2023-11-04 Calakmul Worldheritage: von der Hauptstraße führt eine 60 km Abzweigung in den Nationalpark fast an der guatemaligen Grenze. Nach ca 20 km wurde ich aufgehalten und mir die Weiterfahrt an einem Gate verweigert. Zuerst wollten sie mich zwingen zum Umkehren aber die Mexikaner denken nur in Autominuten und Autokilometer – sie hatten dann nach längerer Diskussion einsehen und ich durfte unter dem Vordach übernachten. Etwas kleinlauter habe ich dann am nächsten Tag gelesen, dass durch ausgeprägten Schutz im Süden Mexikos wieder 4800 Jaguare leben …..
Das besondere ist sicher diese Abgeschiedenheit im Urwald, welche erst 1990 entdeckt wurde. Sehr schön war auch die Situation dass man in vielen Teilen den Baumbestand gelassen hat, die Pyramiden besteigbar sind und diesen wunderbaren Blick über das grüne Dach freigeben.
2023-11-07 Was gibt es über den Staat Campeche zu berichten? Den Leuten ist extrem wichtig bei Geschäftslokalen oder Lebensmittelgeschäften, dass sie besonders betonen dass die Waren 100% aus Campeche kommen – sehr stolze Gegend, vermutlich auch weil die Stadt Campeche die ursprüngliche Hauptstadt war. Übrigens: jedem ans Herz legen möchte ich das Interview mit Martin Sutter in der NZZ von heute.
Landschaftlich ist es auf dem Weg nach Norden eigentlich langweiliger geworden, weil die Reise aus dem Urwald langsam in Mais- und Sojafelder übergegangen ist.
Ein richtiges Highlight hat es noch mit Etzna gegeben. Eine ganz eigene Art von Mayakultplatz der architektonisch weiterentwickelt scheint, aber aus derselben Seite Zeit wie Calakmul und Palenque stammt.Die Weiterfahrt in die ehemalige Hauptstadt war nur ein Katzensprung. Alte spanische Befestigung die erst im 16 Jahrhundert errichtet wurde, aber sehr schön anzuschauen ist.
2023-11-09 Im Campeche Hinterland gab es ein paar Überraschungen. Der Urwald wurde wieder mehr, die Felder kleiner und nur vereinzelt. Weiters bin ich in 50 km Zirkel mit Amish gekommen. Sie haben mir erklärt dass ihre Großeltern und Urgroßeltern aus Russland Kanada der Schweiz und allen Herren Länder stammen. Die Männer von 5 bis 15 und in meinem Alter tragen alle schwarze Latzhosen, die Frauen im Kleid mit großem Strohhut und breiter Krämpe. Aufgefallen ist es mir zuerst Jugendliche und Kinder mit blonden Haaren, dann die Kleidung und natürlich ihre sehr gepflegte Landwirtschaft, die Backsteinhäuser die ich vorher noch nie gesehen habe in Mexiko, so wie ihre vierrädrigen Kutschen mit kleinen Reifen und allerlei kleinem Zeug drauf. Einspänner wohlgemerkt und keine Autos und auf den Feldern uralte Traktoren mit Stahlrädern ohne Gummi. Deshalb existieren immer zwei Straßen nebeneinander eine mehr oder weniger geteerte und eine Erdstraße auf der die Traktoren fahren.
Dann ist es in die Sackgasse von Labna gegangen – unscheinbar aber äußerst überzeugend. Hier hatte ich das Glück einen wirklich guten Führer zu haben, der mir einen tollen Einblick in die Ehre der Puucmaya gegeben hat. Gesichter und Ornamente, viele Details und Besonderheiten der relativ kleinen Einheit die im Urwald versteckt liegt und fast nicht besucht wird.
2023-11-10 Gefreut hab ich mich auf Uxmal, einer der größten Komplexe der Puuc, aber die spinnen die Yucanesen wollten Sie doch tatsächlich 641 Peso Eintrittsgeld, das sind mehr als 35 Euro aus reiner Geldgier – Labna hat 70 Peso gekostet, für Alles! In Uxmal zahlen die Einheimischen 240 Peso pro Person … mit 2 Kindern macht das ca 550 Peso und kann sich eine normale mexikanische Familie mit ca 7000 Peso pro Monat gar nicht leisten – ergo: gestrichen!
Egal: dafür habe ich von Roger einen wunderbaren Tipp bekommen und ich habe meine ersten Cenotes besucht – sehr schräg und mystisch, besonders wenn man erlebt wie Taucher einfach verschwinden in der Tiefe. Echt beeindruckend!
2023-11-13 Merida, Hauptstadt von Yucatan, ist eine Millionenstadt die sich ordentlich ausdehnt, weil sie hauptsächlich aus eingeschossigen Bauwerken besteht. Man merkt einen guten Mix und schon länger existierenden Umgang mit dem Tourismus und ein unspektakulärer, relaxter Ort mit Hauptstadtbonus. Jetzt bin ich schon ein bisschen nervös weil mein Schatz in ein paar Tagen auftauchen wird 😉 – was gibt es Schöneres als sich nach 3 Monaten wieder in den Arm zu nehmen……
2023-11-16 Karibikküste, Progreso nach San Crisanto war auf dem Plan weil Birgit erst am 20zigsten eintrudelt. Das Meer war nicht wie im Prospekt blau, sondern grünlich braun, weil die vorangegangenen Tage recht stürmisch und mit Schlechtwetterfronten bestückt waren. Diese habe ich auch kennengelernt aber dazu später. In Progreso habe ich Brian kennengelernt der mich 2 Tage beherbergt hat, im Ort der als Symbol für mexicanischen Urlaub verwendet wird. Danach ist es weiter nach Osten gegangen.
2023-11-18 Siebzehn vor und eins zurück, jetzt hat es mich wieder Mal erwischt. Aus einem Start mit einem versuchten Ritt an der Wasserkante wurde leider eine schwungvolle Vorwärtsrolle vom Sattel in den Sand – keine große Sache, nur ein kleiner Knick im Ego 😁. Danach haben sich am Horizont dunkle Wolken abgezeichnet und es war an der Zeit ein vernünftiges überdachtes Plätzchen zu suchen. Da die Ferienvillen in der Nebensaison alle leer stehe, habe ich mir ein schönes Ruhiges mit großem Balkon ausgesucht. Gewitter haben hier, ähnlich wie bei uns, ordentliche Turbulenzen zur Folge, hier ist alles eine Dimension intensiver. In „Windeseile“ versucht mein Zelt aufzustellen, im festen Glauben dem annahenden Horizontalregen entrinnen zu können. Kurz umgedreht um alles Schwere hineinzulegen, aber leider 0,5 Sekunde zu spät. Trotz geschütztem L – Zelt an der Decke gedrückt, schupp Zelt um die Ecke, Wind klaut mir mein Haus, großartiger Sprint um die Ecke, Hechtsprung über 3 Stufen in guter Hoffnung, schnell erkannte Fehleinschätzung, harte Landung am einzigen Fleck Beton, umrandet von schier endloser Sandfläche, Schmerzen, richtige Schmerzen, aber auf zum finalen Sprint mit Glück das hängengebliebene Ding an einer Mangrove erwischt ……Die Nacht ging schlaflos an mir vorbei, hab mich nicht getraut im Tropenregen nach Schmerzmittel in meiner Tasche zu wühlen.Ergo warten usw. usw …Gestern im Spital verbracht mit Röntgen und Co, am Abend Audienz beim Orthopädie Gott von Merida mit seiner umwerfenden Botschaft: nichts gebrochen und nichts gerissen! Uffff! Ordentliches Tape und Ruhe ( Schmerzen werden zur Nebensache)!
Wenn es nicht so Fahrrad Verrückte wie Roger, der mich den ganzen Tag begleitet hat oder Gabriela die mich ganz selbstverständlich beherbergt für 4 Nächte, könnte man leicht die Nerven verlieren …. wunderbare Leute – großartig und einfach grandios! Vielen lieben Dank!